Am Donnerstag, den 14. 06. fand die 14. Sitzung des Sozialausschusses statt.
Zunächst wurden die aktuellen Zahlen des Jobcenters zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit im Landkreis Meißen vorgetragen. Zwar gibt es einen Rückgang der Quote im Vergleich zum Vormonat um 0,6 %, zum April 2011 sogar um 0,9 %, aber trotzdem ist sie mit aktuell 9,4 % immer noch viel zu hoch.
Neben einer Reihe verwaltungstechnischer Routineentscheidungen standen auch mehrere schwergewichtige Tagesordnungspunkte an:
1. Der Eingliederungsplan des Jobcenters Meißen soll fortgeschrieben werden.
Das war bei seiner Behandlung im September 2011 noch nicht möglich, weil vor allem finanzielle Rahmenbedingungen nicht bekannt waren. Diese erweisen sich als katastrophal: Im Vergleich zu 2010 wird das Eingliederungsbudget durch das Land um fast 49 % reduziert. Dem steht eine Verringerung der Zahl der Leistungsempfänger von nur knapp 6% gegenüber und die werden immer 'marktferner', d.h. der Eingliederungsaufwand wächst - die Zielzahlen jedoch wurden verschärft. Da ist Schmalspur vorprogrammiert. Im Beamtendeutsch heißt das dann "Die bisher gewonnenen Erfahrungen müssen zur weiteren Optimierung genutzt werden". Und eine nächste 'Instrumentenreform' ist schon angekündigt.
2. Es wurde zur demographischen Entwicklung im Landkreis Meißen informiert.
Grundlage dafür war ein vom Freistaat in Auftrag gegebenes Gutachten von Prof. Dr. Raffelhüschen "Alter, Rente, Grundsicherung" zur Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahre 2050.
Die hier nachzulesenden Zahlen sind alarmierend. Bei einem Rückgang der Gesamtbevölkerung um 25 % ist mit einem Anstieg der Pflegefälle um 71 % zu rechnen. Der Altenquotient wird schon im Jahre 2030 z.B. im Vogtland- und Erzgebirgskreis bei 80 - 90 % liegen, d. h. auf 100 Personen zwischen 20 und 64 Jahren entfallen mehr als 80 über 65-jährige. In Dresden und Leipzig werden es übrigens weniger als 50 sein.
Dem momentanen Bestand von 2531 stationären Pflegeplätzen im Landkreis steht bereits im Jahre 2020 ein Mehrbedarf von 1150 Plätzen gegenüber. Neben der Wahl von Standorten entsprechend der territorialen Notwendigkeiten steht vor allem die Frage der Trägerschaft und der Finanzierbarkeit zusätzlicher Angebote, da eine intensive Förderung von Einrichtungen der Alterspflege durch Bund, Land und Kommunen so nicht mehr vorgesehen ist. Eine Kompensation durch professionelle ambulante Pflege ist ebenso wenig erwartbar wie die Ausweitung der Pflege im privaten Bereich - schon die demographische Entwicklung setzt hier Grenzen.
Die Studie verweist auf die Notwendigkeit, durch die Politik die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen: So müssen Pflegedienstleistungen für die Bedürftigen und ihre Angehörigen bezahlbar bleiben (Altersarmut!), aber auch solche Verdienstmöglichkeiten bieten, das sich genügend Erwerbspersonen für einen Pflegeberuf entscheiden.
Über praktische Konsequenzen für die Kreisverwaltung wurde noch nicht geredet. Die Fraktion der LINKEn wird sich im Herbst dieses Themas annehmen und über die Lebenssituation älterer Menschen im Landkreis beraten.
3. Am 01.08.2012 soll eine neue Verwaltungsordnung für die Kosten der Unterkunft in Kraft treten.
Ihr Kern sind lokale Angemessenheitsgrenzen, die gemäß Bundessozialgericht v. 22.09.09 auf der Grundlage eines überprüfbaren, schlüssigen Konzeptes zur Datenerhebung- und -auswertung unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze festzulegen sind. Da dies von der Kreisverwaltung nicht zu leisten war, wurde ein externer Spezialist damit beauftragt, der bereits für 55 Kreise der Bundesrepublik in dieser Sache tätig war. Der Vertreter dieser Firma vermochte in seinem Fachvortrag zu vermitteln, dass die gewählte Methodik und die damit ermittelten Mietobergrenzen 'gerichtsfest' seien und somit dem Landkreis weitere teure Prozesse ersparen könnten. Zweifel dagegen wurden laut, ob ein solches Konzept praktikabel sei. So wären beispielsweise Wohnungen mit kalten Betriebskosten unter 1,- € am Markt nicht zu haben. (KR Böttger, SPD) Und individuelle soziale Differenzierungen seien mit so einer Verwaltungsvorschrift gar nicht zu machen (KR Zschoche, DIE LINKE).
Für das Konzept spricht:
Die im Konzept enthaltenen Mietpreisobergrenzen können nur eine verwaltungstechnische Orientierung darstellen und ersetzen keinesfalls die sozial verantwortungsvolle Einzelfallprüfung.
Das Konzept ist zu ergänzen durch Festlegungen zur regelmäßigen Prüfung seiner Marktkonformität und durch Mechanismen zur Anpassung an den sich permanent verändernden Wohnungsmarkt.
Wir als Kreisräte der LINKEN werden an der Seite der betroffenen Bürger kritisch verfolgen, ob die neue Verwaltungsvorschrift praxistauglich ist und wie sie durch die Kreisverwaltung umgesetzt wird.
Rüdiger Böttcher
Kategorien: Sozialausschuss
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