Bericht aus der 18. Sitzung des Kreistages am 14.12.2017
Zügig und harmonisch wünschte sich Landrat Steinbach die letzte Kreistagssitzung des Jahres. Ersteres ging in Erfüllung, denn alle Vorlagen waren zuvor in den Ausschüssen gründlich beraten worden. Bei der Harmonie gab es dann doch ein paar Stolperstellen. Doch der Reihe nach.
Erster Tagesordnungspunkt nach der obligatorischen Einwohnerfragestunde war die Änderung des Geschäftskreises Soziales. Demnach sollte diesen sensiblen Bereich die erste Beigeordnete Janett Putz zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgabengebieten übernehmen. Der Beschluss ging durch, allerdings ohne die Stimmen der LINKEN. Nach unserer Auffassung hat die erste Beigeordnete bereits jetzt ein breites Aufgabenfeld, so dass der Bereich Soziales eine zusätzliche Arbeitsbelastung darstellt und Gefahr läuft, nicht den erforderlichen Stellenwert zu erhalten.
Die nächsten Tagesordnungspunkte gingen dann tatsächlich zügig über die Bühne. So die Gebührensatzung für den Rettungsdienst, der Jahresabschluss der Fachklinik Radeburg, die Ergänzungen der Gesellschaftsverträge der Beteiligungsunternehmen des Landkreises sowie deren Wirtschaftspläne für das Jahr 2018.
Die Behandlung der vierten Änderung der Satzung des Landkreises zur Schülerbeförderung wurde von der Öffentlichkeit mit besonderer Spannung erwartet. Sehr lange und gründlich hatte sich eine Arbeitsgruppe aller Fraktionen im Kreistag mit dieser Vorlage beschäftigt. Schließlich geht es um unsere Kinder und auch um viel Geld. Der Ansatz der LINKEN in dieser Frage ist eindeutig. Wir wollen eine kostenlose Schülerbeförderung. Mit der Satzungsänderung sind wir diesem Ziel ein Stück näher gekommen. Durch einen überfraktionellen Änderungsantrag in letzter Minute ergab sich die Möglichkeit, die Elternbeiträge noch weiter zu senken. Dieser fand eine übergroße Mehrheit. Allein diese Tatsache zeigt, dass bei vorhandenem politischen Willen immer etwas möglich ist.
Zur Tageordnung gehörte auch ein Antrag der AfD, wonach alle Vereine, die vom Landkreis Geld bekommen, ein Bekenntnis zur "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" abgeben sollen. Begründet wurde dieser Antrag u.a. mit der Feststellung, dass der Staat auf dem "linken Auge" blind sei. (Blind ist u.a., wer Statistiken nicht lesen kann. Anmerkung des Autors). Der Antrag hatte keine Chance. Unsere Fraktionsvorsitzende Bärbel Heym kritisierte u.a., dass mit diesem Antrag alle Vereine unter den Generalverdacht der Verfassungsfeindlichkeit gestellt werden. "Wer so etwas tut, fördert bewusst Misstrauen und erzeugt ein Klima, in dem Engagement und Zivilcourage nicht gestärkt werden, sondern erlahmen".
Harald Kühne, Kreisrat
Kategorien: Kreistagsfraktion Meißen, Standpunkte
Sehr geehrter Herr Kühne, Weinböhla. 04.03.2018
es hat mich sehr gefreut, dass Sie sich Zeit für eine Antwort genommen haben. Recht vielen Dank. Ihre Fraktion ist die einzige, die regelmäßig von den Kreistagssitzungen auf der eigenen Internetseite berichtet und dann sogar noch Kommentare zulässt. Dies ist sehr lobenswert und ich wünschte mir dies von allen Fraktionen. Ein wenig schade ist, dass wir nicht in dieser öffentlichen Weise auch Gedanken und Sichtweisen austauschen können, da es aus Ihrer Sicht nicht üblich ist, auf Kommentare zu antworten.
Für mich wäre ein solcher Gedankenaustausch ein Stück gelebte Demokratie. Die gewählten Volksvertreter bleiben mit interessierten Bürgern in Kontakt und erklären Ihre Sicht, und diese kann durchaus eine andere sein, als die vom interessierten Bürger erwartete.
Nun, was wäre denn aus Ihrem Blickwinkel ein üblicher Kommentar?
Sie gehören dem Sozialausschuss an und sind Vertreter für Herrn Keil im Jugendhilfeausschuss. Die Vergabe für den Rettungsdienst war sicher Thema des Technischen Ausschusses. Sie haben deshalb meine Frage zu einer Anfrage an das Landratsamt gemacht. Vielen Dank auch dafür.
Ist Ihnen bei der Antwort vom Landratsamt etwas aufgefallen?
Zunächst ein Auszug aus 2017-10-11_1_Top7.2, Drucksachen-Nr.: 17/6/0628, 11.10.2017
Die Ursachen für die Erhöhung der Gebühren 2018 liegen neben der dargestellten Entwicklung des Einsatzaufkommens infolge Einsatzminderung im KTW- und NEF-Bereich (Anm.: -5,4%) im Wesentlichen in der Kostensteigerung durch Leistungserbringerwechsel in den Rettungswachenbereichen Meißen und Radebeul vom 1. Februar 2017 bis 31. Dezember 2018.
Das stand in der Beschlussvorlage, die vom Kreistag zu beschließen war.
Nun vergleichen Sie den Inhalt diese Drucksache mit dem Antwortschreiben vom Landratsamt. Für mich wäre die vorliegende Informationsdifferenz eine Nachfrage wert.
Nun komme ich zur Schülerbeförderung. Der Gedanke zur Einführung eines Schülertickets ist nicht von mir, da ein solches Ticket schon in vielen Verkehrsverbünden existiert. Nur dass ich bereits seit 2011 immer wieder darauf hinweise, wie sinnvoll ein solches Ticket für den Landkreis wäre. In der Zwischenzeit wurde die betreffende Satzung schon mehrfach geändert und immer ist sie bürokratischer geworden. Und immer wurde die Differenz zwischen den berechtigten und nicht berechtigen Schülern hinsichtlich des zu zahlenden Eigenanteiles größer. Die letzte Satzungsänderung hat dies nochmals erheblich verschärft, was von Ihnen aber als Erfolg verbucht wurde. Sie fragen mich, woher ich die Information nehme, dass es den LINKEN nur um die Berechtigten geht und nicht um alle Schüler/innen?
Natürlich kenn ich keine Formulierung der LINKEN, die dies explizit darlegt. Sie selbst geben aber ‚eine gewisse Verhältnismäßigkeit‘ an, die mit Ihrem persönlichen damaligen Schulweg zusammenhängt. Wissen Sie noch, was meinem ersten Vorschlag zugrunde lag: Das Gleichbehandlungsprinzip. Wenn alle die Aufwendungen für die Mindestentfernung selbst aufbringen, dann ist alles im Lot. Auch in den sieben Jahren hat es eine Entwicklung meines Vorschlages gegeben. Im ersten Kommentar ist die komprimierte Form zu lesen.
Abschließend ein Gedanke zum Thema Sacharbeit. Sie meinen, dass ich die Wirkung von Ideologie unterschätzen würde. Wissen Sie, was die AfD so stark macht? Es ist die Schwäche der anderen demokratischen Parteien! Was soll ich auch sagen, wenn zwei Millionen Euro aus dem Landkreis Meißen für hilfebedürftige Menschen, die bei uns Schutz suchen (oder besser suchten), jetzt in der Schweiz gelandet sind. Hier wäre Sacharbeit tatsächlich wichtig gewesen.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kujus
Sehr geehrter Herr Kujus,
auf Kommentare zu antworten ist eigentlich nicht üblich. Doch Ihr Schreiben (leider ohne Anschrift) geht ja vom Umfang her über einen üblichen Kommentar hinaus und es sind konkrete Fragen gestellt.
Zu 1. Gebührensatzung Rettungsdienst
Als ehrenamtlicher Kreisrat ist man kein Allroundpolitiker und muss sich auch mal auch Fachpolitiker und ihre Empfehlungen verlassen können. Aus meiner Sicht ist in erster Linie wichtig, dass der Rettungsdienst auch bis in den „letzten Ort“ im Landkreises funktioniert. Über Einsparpotentiale kann man natürlich weiter diskutieren. Deshalb habe ich Ihre Meinungsäußerung dazu an den zuständigen Fachbereich weiter geleitet. Wenn eine Antwort erfolgt, werde ich Sie entsprechend informieren.
Zu 2. Schülerbeförderung
Grundansatz der LINKEN ist, dass Bildung für die Eltern kostenfrei sein sollte. Dazu gehört auch der Weg zur Schule. Die Satzung ist ein Schritt (wenn auch nur ein Kleiner) in die richtige Richtung. Ich weiß nicht, wo Sie die Information her nehmen, dass es der LINKEN nur um die bisher Berechtigten geht. Mir eine solche Formulierung nicht bekannt. Was ich nachvollziehen kann, ist eine gewisse Verhältnismäßigkeit. Ich bin früher auch in die Schule gelaufen und das waren mehr als zwei Kilometer. Der Gedanke eines Schülertickets ist nicht neu und Interessant. Über die detaillierte Ausgestaltung sollte man weiter diskutieren. Meines Wissens hat die LINKE im sächsischen Landtag schon mehrere Anläufe in die Richtung unternommen. Es scheiterte an den Mehrheiten im Parlament.
Zu 3. AfD
Herr Kujus, Sacharbeit ist mir immer lieber. Nur sind bestimmte Entscheidungen nur auf den ersten Blick für das Leben der Bürger und Vereine in unserem Landkreis völlig egal. Sie unterschätzen die Wirkung der Ideologie. Auf den zweiten Blick lohnt sich ein Blick in die deutsche Vergangenheit. Wo sich die AfD einordnet, können Sie sicher selbst beurteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Kühne, Kreisrat
Weinböhla, 09.01.2018
Sehr geehrter Herr Kühne,
zunächst möchte ich Ihnen persönlich und der ganzen Fraktion einen guten Start in das neue Jahr wünschen.
Die Sitzung des Kreistages vom Dezember hatte tatsächlich nicht viele Höhepunkte, aber immerhin wieder zwei Stolperstellen für die Betroffenen, und damit sind nicht die Damen und Herren Kreisräte genannt, sondern wir alle gemeint. Mein dritter Kommentarpunkt gilt keiner Stolperstelle.
1. Die Gebührensatzung für den Rettungsdienst
Was sich schon in der Kreistagssitzung im September angedeutet, wurde jetzt noch schnell umgesetzt, und zwar eine deutliche Erhöhung der Kostensätze in der Gebührensatzung.
Der folgende Vergleich bezieht sich auf die Jahre 2017 und 2018.
Einsatz eines Krankentransportwagens: von 120,10 € auf 165,90 € + 38 %
Einsatz eines Rettungstransportwagens: von 307,80 € auf 398,10 € + 29 %
Einsatz eines Notarzteinsatzfahrzeuges: von 164,10 € auf 223,30 € + 36 %
Dies sind die Folgen eines überaus ‚professionellen‘ Ausschreibungsverfahren des Landratsamtes.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, ob mit einer Mittelerhöhung für die Rettungsdienst Meißen
gGmbH nicht auch eine Sicherstellung des Rettungsdienstes hätte erfolgen können?
Wahrscheinlich hätten 25 % der Erhöhung völlig ausgereicht. Wie bereits letztens von mir erwähnt: Es ist immer schön, wenn man weiß, wer es bezahlt.
Nun, die Krankenkassen werden jetzt u.a. auch wegen einer solchen Kostenerhöhung flugs die sogenannten Zusatzbeiträge anheben. Vielen Dank, dass sie sich so sehr dafür eingesetzt haben.
2. Schülerbeförderungssatzung
Als erstes wäre hier die Frage zu stellen, welche Öffentlichkeit Sie meinen. Die Gäste zur Sitzung waren mehr der Einladung derer gefolgt, die selbst in irgendeiner Weise Teil der Sitzung waren.
Aber immerhin war ich ja da. Interessanterweise war der ‚überfraktionelle Antrag in letzter Minute‘ schon am 02.12.2017 in der Arbeitsgruppe vorberaten worden. Da verwundert es gar nicht, dass diese Änderung nicht mehr in die öffentlichen Sitzungsunterlagen eingearbeitet werden konnte. 12 Tage reichen einfach nicht. Die Absenkung der Beiträge wurde in den Rednerbeiträgen nur im Zusammenhang mit dem Gymnasium in Nossen korreliert, was sich im Amtsblatt so liest:
Neben sozialen Indikatoren war ein Beweggrund die Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zu
Schulen in Nachbarlandkreisen.
Anmerkung: Leider liegt das Protokoll der Kreistagssitzung noch nicht vor.
Es geht schlichtweg gar nicht um die SchülerInnen. Diese Schülerbeförderungskostensatzung ist ganz eindeutig eine Verwaltungsarbeitsbeschaffungsmaßnahme auf der Grundlage einer Eltern- und Schülerbevormundung. Eine moderne Verwaltung ist etwas völlig anderes.
Wenn Sie schon Ihren Wunsch nach einer kostenlosen Schülerbeförderung benennen, dann sollten Sie auch angeben, dass Sie damit nur die bisher Berechtigten meinen (ca. 30% aller SchülerInnen). Alle anderen sollen doch bitteschön weiter außen vor bleiben. Ach ja, und dann natürlich noch viel mehr im Verhältnis zum geförderten Teil selbst bezahlen.
Hier nochmal mein Vorschlag in Kurzfassung:
Einführung eines Schülertickets nach den Regeln der Jobtickets. Also zusätzliche Förderung dann, wenn über ein Schuljahr hinweg der ÖPNV aus Sicht der SchülerInnen benötigt wird. Abschaffung aller Einschränkungen. Wird die Beförderung nicht das ganze Schuljahr über benötigt, dann können die ermäßigten Monatskarten oder eben das Fahrrad oder das Moped von älteren Schüler(n)/-innen benutzt werden. So, wie es jeder für sich als zweckmäßig erachtet.
3. Antrag der AfD
Warum geben Sie diesem Tagesordnungspunkt so viel Raum in Ihrem Bericht?
Es ist völlig egal für das Leben der Bürger und Vereine in diesem Landkreis, warum dieser Antrag mehrheitlich zurecht abgelehnt wurde. Das Ergebnis zählt. Wenn Sie sich mit gleicher Intensität für eine vernünftige Rettungsdienstsicherstellung und Schülerbeförderungssatzung eingesetzt hätten, wäre alles im Lot. Ihr Hang zur Auseinandersetzung mit einem politischen Gegner in allen Ehren, Sacharbeit wäre mir deutlich lieber.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Kujus